Daniela Klette steht vor Gericht – ihr werden angebliche Verbindungen zum RAF-Terrorismus sowie zahlreiche weitere Straftaten vorgeworfen. Wenig überraschend zeigten sich ihre Verteidiger bereits zu Beginn des Verfahrens überfordert, da die Menge der vorliegenden Akten – mehrere Terabyte – unmöglich innerhalb kurzer Zeit gesichtet, geschweige denn gründlich ausgewertet werden kann.
Vor dem Gerichtsgebäude finden umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen statt – zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Angesichts des enormen Aufgebots könnte man sich fragen, ob die Justiz tatsächlich eine Fluchtgefahr seitens Frau Klette sieht. Betrachtet man jedoch die Dimensionen der Sicherheitsvorkehrungen, wirkt es vielmehr so, als rechne man mit einem Angriff von außen unter Verwendung hochmoderner Militärtechnik. Dabei lässt die Art der Absicherung vermuten, dass hier eher Laien am Werk waren, die wenig Verständnis davon haben, was echte Sicherheitsmaßnahmen tatsächlich bedeuten.
Im Gerichtssaal zeigt sich Daniela Klette entspannt – und dazu hat sie allen Grund. Die bisherigen Erkenntnisse und Vorwürfe erinnern eher an eine Erzählung aus einem Märchenbuch als an ernsthafte Anklagepunkte. Zudem weiß man gerade in Celle aus der Vergangenheit („Celler Loch“), dass der Staat Erfahrung mit Inszenierungen und falschen Anschuldigungen hat. Oft kommen solche Inszenierungen zwar ans Licht, aber eine juristische Aufarbeitung bleibt nicht selten aus. So stand etwa niemand jemals wegen der Sprengung in der JVA vor Gericht, obwohl es durchaus als terroristischer Akt hätte gelten können. Offenbar bleiben staatlich beauftragte Akteure weiterhin unbehelligt in ihren Positionen und kleinere Sünden werden rasch vergeben.
Diese Umstände könnten durchaus ein Grund dafür sein, dass Frau Klette gelegentlich ein Lächeln zeigt. Vielleicht war sie in jungen Jahren nicht besonders gut auf den Staat zu sprechen und zeigte diesem kritisch die eigenen Widersprüche auf. Ob man ihr damals glaubte oder nicht – heute erscheint das staatliche Vorgehen ähnlich zu dem, was Klette früher kritisierte.
Bemerkenswert sind auch die Gäste im Gerichtssaal. Nach intensiven Sicherheitskontrollen und zahlreichen Vorgaben nehmen die Zuschauer schließlich Platz – etwas verwundert, dass sie überhaupt noch Kleidung tragen dürfen. Unter den Anwesenden befinden sich bekannte Gesichter, insbesondere Journalisten. Auffällig abwesend sind jedoch jene sogenannten Experten wie Butz Peters, die mit ihren Büchern über die RAF viel Geld verdienten, deren Inhalte allerdings eher an Abenteuerromane erinnern. Möglicherweise bleiben diese Personen fern, weil ihr Erscheinen Daniela Klette nur zum Lachen bringen könnte.
Das Verfahren geht nun seinen Gang. Für den zweiten Prozesstag sind hauptsächlich Anträge vorgesehen, darunter auch ein Antrag der Verteidigung, das Verfahren einzustellen. Diesem Antrag nachzukommen wäre eine diplomatisch kluge Entscheidung, denn jeder weitere Prozesstag würde wohl weniger neue Erkenntnisse über das Leben Daniela Klette, dafür aber umso mehr über das Versagen staatlicher Stellen und ihrer Bediensteten ans Licht bringen.
Ein Artikel von mm/rm