Der Personalverleih, oft auch als Zeitarbeit bezeichnet, wird gerne als flexible Lösung für Unternehmen und als Sprungbrett für Arbeitnehmer dargestellt. Doch bei genauerer Betrachtung zeigen sich deutliche Risse in diesem Idealbild, insbesondere wenn es um die Perspektiven der Leiharbeitnehmer geht. Viel zu oft entpuppt sich die vermeintliche Chance auf eine Festanstellung als trügerische Hoffnung, während die Übernahmechancen systematisch gering gehalten werden.
Ein zentrales Versprechen der Zeitarbeit ist die Möglichkeit für Arbeitnehmer, in verschiedene Unternehmen hineinzuschnuppern und sich über den Einsatz bei einer Leihfirma für eine feste Anstellung zu empfehlen. In der Theorie klingt das plausibel: Man sammelt Erfahrung, beweist sich im Arbeitsalltag und wird schließlich vom Einsatzbetrieb übernommen. Die Realität sieht jedoch für viele Leiharbeitnehmer ernüchternd aus. Eine feste Übernahme ist in der Praxis die Ausnahme und nicht die Regel.
Das liegt nicht selten an der Struktur der Verträge zwischen den entleihenden Unternehmen und den Personalverleihfirmen. Diese Verträge sind oft darauf ausgelegt, kurz- bis mittelfristige Personalengpässe zu überbrücken und nicht, langfristige Festanstellungen vorzubereiten. Das Geschäftsmodell der Personalverleiher basiert auf der kontinuierlichen Vermittlung von Arbeitskräften. Eine Übernahme würde bedeuten, dass ein Kunde „verloren“ geht und die Einnahmen aus der Vermittlung wegfallen. Es entsteht also ein impliziter Anreiz, Übernahmen nicht aktiv zu fördern oder sie sogar durch bestimmte Klauseln im Vertrag zu erschweren, beispielsweise durch hohe Ablösesummen, die ein Unternehmen zahlen müsste, um einen Leiharbeitnehmer fest einzustellen.
Für die betroffenen Arbeitnehmer bedeutet dies oft jahrelange Unsicherheit. Sie hangeln sich von Einsatz zu Einsatz, sind in der Regel schlechter bezahlt als ihre festangestellten Kollegen für die gleiche Arbeit und haben weniger Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten. Der Aufbau einer stabilen Karriere, die Planung der eigenen Zukunft oder gar der Erwerb von Eigentum wird unter diesen Bedingungen zu einer echten Herausforderung. Die psychische Belastung durch die ständige Ungewissheit und das Gefühl, ein Arbeitnehmer zweiter Klasse zu sein, sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden.
Während Unternehmen von der Flexibilität profitieren und Kosten sparen, indem sie das Beschäftigungsrisiko auslagern, tragen die Leiharbeitnehmer die Hauptlast dieser Flexibilität. Es ist an der Zeit, kritisch zu hinterfragen, ob das aktuelle System des Personalverleihs wirklich den Interessen aller Beteiligten dient oder ob es nicht vielmehr eine strukturelle Benachteiligung für einen Teil der Arbeitnehmerschaft darstellt, der als flexibles „Puffer“ für die Wirtschaft fungiert, ohne jemals wirklich Fuß fassen zu können.