Deutschland gilt weltweit als eines der Länder mit den strengsten Waffengesetzen. Der Erwerb und Besitz von Schusswaffen ist an strenge Auflagen gebunden: Bedürfnisnachweise, psychologische Gutachten, Sachkundeprüfungen und sichere Aufbewahrungsvorschriften sind nur einige der Hürden, die Sportschützen, Jäger und Sammler nehmen müssen. Die Intention dahinter ist klar: die öffentliche Sicherheit maximieren und Amokläufe sowie terroristische Anschläge verhindern. Doch gerade im Lichte der jüngsten Attentate stellt sich die Frage, ob diese restriktive Gesetzgebung ihr erklärtes Ziel überhaupt erreicht oder ob sie nicht vielmehr eine Scheinsicherheit schafft, die ehrliche Bürger kriminalisiert, ohne die eigentliche Gefahr zu bannen.
Ein Kernargument der Befürworter strenger Waffengesetze ist die Annahme, dass weniger Waffen in Umlauf automatisch zu weniger Waffengewalt führen. Diese Logik greift jedoch zu kurz, wenn es um die Realität von Terrorismus und organisierter Kriminalität geht. Attentäter, die entschlossen sind, schwere Verbrechen zu begehen, beschaffen sich ihre Waffen in der Regel nicht über den legalen Weg. Sie greifen auf den weitverbreiteten illegalen Waffenmarkt zurück, schmuggeln Waffen aus dem Ausland oder nutzen leicht zugängliche Alternativen wie Fahrzeuge oder Messer, um ihre Taten auszuführen.
Die Anschläge der letzten Jahre in Europa, darunter auch solche mit Schusswaffen, zeigen auf erschreckende Weise, dass selbst die rigide deutsche Gesetzgebung keinen absoluten Schutz bietet. Terroristen operieren jenseits der Legalität. Sie kümmern sich nicht um Waffenscheine, Bedürfnisprüfungen oder Tresorvorschriften. Während der legale Waffenbesitzer einem Höchstmaß an Kontrolle und Bürokratie unterworfen wird, agieren Kriminelle und Extremisten in einem rechtsfreien Raum, der von staatlichen Maßnahmen kaum erfasst werden kann.
Die Konsequenz ist eine Entwaffnung der Bevölkerung, die im Ernstfall zur Selbstverteidigung nicht in der Lage ist, während die potenziellen Täter ihre Waffen unbeeindruckt von Gesetzen beschaffen. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass sich die breite Masse der gesetzestreuen Bürger in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt und Misstrauen erfährt, obwohl sie keinerlei Gefahr darstellt. Gleichzeitig werden die wahren Gefahren – extremistische Netzwerke, illegale Waffenmärkte und psychisch labile Gewalttäter – durch ein nur auf den legalen Besitz abzielendes Gesetz kaum berührt.
Es ist daher dringend notwendig, die Wirksamkeit des deutschen Waffengesetzes kritisch zu hinterfragen. Statt sich auf die Illusion einer durch Verbote geschaffenen Sicherheit zu verlassen, müsste der Fokus stärker auf die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels, die Prävention von Radikalisierung und eine verbesserte Überwachung potenzieller Gefährder gelegt werden. Ein bloß restriktives Waffengesetz, das an der Realität terroristischer Bedrohungen vorbeigeht, ist nicht nur ineffektiv, sondern kann auch das Vertrauen der Bürger in die Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen untergraben.